«Der Wert einer Garage liegt in ihren Mitarbeitenden»

Automobiles Belle-Croix SA

«Der Wert einer Garage liegt in ihren Mitarbeitenden»

19. April 2018 agvs-upsa.ch - Vor 20 Jahren leerte Hubert Waeber sein Sparkonto und beteiligte sich an einer Opel-Garage in der Nähe von Freiburg. Heute gehören dem 57-Jährigen elf Garagen und ein Ersatzteilvertrieb. Waeber will mit seiner AHG-Group weiterwachsen und ermuntert seine Branchenkollegen zu mehr Kooperation.
 
sco. Der Frühling hat Einzug gehalten im Üechtland, als sich AUTOINSIDE auf «Hausbesuch» bei der AHG-Group macht. Eine milde Frühlingssonne streckt ihre Fühler über die sanften Hügel rund um Freiburg, die Matten leuchten in hellen Grüntönen, während im Hintergrund die Viertausender der Berner Alpen schneeweiss strahlen. Wir verlassen die A12 in Freiburg-Sud, biegen in Richtung der Kantonshauptstadt in die Route de Villars ein und stehen unvermittelt vor der Garage Belle-Croix. Einen besseren Standort kann sich ein Garagist nicht wünschen.

Die Zentrale auf dem Dach
«Ich könnte diese Immobilie verkaufen und die Füsse hochlegen», gibt der Hausherr unumwunden zu. Doch daran denkt Hubert Waeber nicht im Traum. Im Gegenteil: Der Vollblutunternehmer steht kurz vor der Vollendung eines für die AHG-Group wegweisenden Bauprojektes. Auf dem Dach der Garage Belle-Croix entsteht die neue Schaltzentrale seiner Unternehmung. Künftig werden die Verantwortlichen für Verkauf, Kundendienst, Administration und Personal Tür an Tür die Geschicke der Holding leiten. Waeber: «Dafür erhalten die Filialleiter wieder mehr Freiheiten – und mehr Verantwortung.»

«Kein Palast für 10 bis 12 Millionen»
Sein Geschäft sind Garagen, nicht Immobilien, stellt Hubert Waeber klar. Dies hindert ihn nicht daran, bei Neu- und Umbauten in den Obergeschossen auch Wohnungen zu erstellen. Erstens komme das bei den Banken gut an und zweitens würde er heutzutage «keinen Palast für zehn bis zwölf Millionen ausschliesslich als Garage auf die grüne Wiese stellen». Seine Begründung: «Die Showrooms werden mit der zunehmenden Digitalisierung sicher nicht grösser. Und weil die Fahrzeuge immer weniger Reparaturen benötigen, braucht es auch nicht mehr Platz in der Werkstatt.»

Die AHG-Group ist in den letzten Jahren rasant gewachsen. 2001 übernahm Hubert Waeber die Garage Belle-Croix. Die Opelvertretung war sein zweiter Betrieb, heute lenkt er als Mehrheitseigner und CEO ein regionales Autoimperium von elf Garagen, die mit 152 Mitarbeitenden rund 80 Millionen Franken Umsatz im Jahr erwirtschaften. Gemeinsam mit der Ruckstuhl-Gruppe ist die AHG-Group der grösste Opel-Händler der Schweiz. Dazu kommt die Beteiligung an der BBF-Logistik in Härkingen, die Opelteile schweizweit vertreibt. «Die Garagen, die wir übernahmen, hatten entweder ein Nachfolgeproblem oder aber sie waren zu klein für einen A-Händler und zu gross für eine Agentur», erklärt Hubert Waeber seine Wachstumsstrategie. «Die meisten Betriebe gäbe es heute nicht mehr.» Die AHG-Holding ist das Dach, die AHG-Group die Klammer um die elf Garagen, wovon neun zum Garagenkonzept «Le Garage» gehören. Alle Betriebe haben nach der Übernahme ihre ursprünglichen Namen behalten, auch die Angestellten übernahm Waeber: «Ohne das Personal hat eine Garage keinen Wert. Sie sind das höchste Gut eines jeden Garagenbetriebes.»

Diese 152 Mitarbeitenden arbeiten sehr erfolgreich, 2017 war ein gutes Geschäftsjahr für die AHG-Group. «Erstmals haben alle unserer Betriebe einen positiven Cashflow erwirtschaftet», freut sich Waeber. Es versteht sich von selbst, dass in den elf Betrieben auch ausgebildet wird: 15 Lernende zählt die AHG-Group.

Wachstum als Antwort
Er sei manchmal erstaunt, wie ratlos viele seiner Gara­gistenkollegen den Veränderungen in der Branche gegenüberstehen: «Du kannst doch nicht warten, bis dir dein Importeur mitteilt, du seist zu klein…» Waebers Antwort heisst Wachstum: «Am Ende zählt das Volumen.» In seinen Betrieben, die von elf Filialleitern als selbstständige Profitcenters geführt werden, verkauft er jährlich rund 1250 Neuwagen und 1300 Occasionen. Diese Strategie ist kein Selbstzweck. Mehr Volumen bedeutet bessere Konditionen bei Lieferanten und Importeuren; das Zentralisieren von betriebsübergreifenden Diensten bringt Kosteneinsparungen. Die Konzentration in der Branche werde weitergehen, sagt Waeber: «Auch in der Ausbildung kann nicht mehr jeder alles allein anbieten für Benzin, Diesel, CNG, Elektro und Wasserstoff…»

Neben der Hauptmarke Opel verkauft die Gruppe auch deren Nutzfahrzeuge sowie Mazda, Citroën, Cadillac, Corvette und Camaro. Dem Umstand, dass Opel von General Motors an die französische PSA-Gruppe verkauft werde, gewinnt Waeber Positives ab: «PSA bietet Perspektiven. Ob wir die auch mit GM gehabt hätten, sei dahingestellt…» Gut möglich, dass die eine oder andere AHG-Filiale neben dem gelben Opel-Logo am Showroom ein Emblem der PSA-Familie anbringt.

«Von den Bauern lernen»
Waeber fordert mehr Kooperation und zieht einen Vergleich zur Landwirtschaft: «Vielleicht müssen wir von den Bauern lernen: Da teilen sich auch mehrere Betriebe eine teure Erntemaschine, die nur ein paar Tage im Jahr gebraucht wird. Oder drei Bauern kaufen zusammen einen grossen und einen mittelgrossen Traktor statt drei kleine.»

Die Welt verändert sich. Wer sich anpasse, Opportunitäten erkenne und schnell reagiere, der habe noch immer gute Perspektiven, stellt Waeber klar. Er will in den nächsten Jahren weitere Betriebe übernehmen («Wir haben noch den einen oder anderen Pfeil im Köcher.»), setzt seiner Wachstumsstrategie aber Grenzen: «Ich will nicht nach Genf, Lausanne oder in den Aargau. Wir konzentrieren uns auf Freiburg, Biel und das angrenzende Waadtland. Hier kennen wir unsere Kunden.» Ein Genfer oder Lausanner ticke schlichtweg anders als ein Freiburger.

Sponsoring = Networking
Wachstum ist kapitalintensiv. «Ich brauche die Banken», gibt Waeber unumwunden zu. Aber er habe die erforderlichen Kredite stets erhalten: «Wichtig sind ein realistischer Business Plan und grösstmögliche Transparenz. Ich habe immer alles offengelegt, nichts versteckt.» Der Weg zum nötigen Kleingeld kann dabei schon mal via Generaldirektion führen – schliesslich ist Waeber in seiner Region bestens vernetzt. Mit der AHG-Group und mit Opel gehört er zu den Sponsoren des HC Freiburg-Gottéron. Dass auf dem gleichen Leibchen auch das Logo der Kantonalbank klebt, ist auf der Suche nach einem Kredit sicher kein Nachteil. «Sponsoring ohne Netzwerken bringt nichts», sagt Waeber, der mehrere Sportvereine und kulturelle Institutionen unterstützt und sich für cerebral behinderte Mitmenschen einsetzt. So war es kein Zufall, dass das letztjährige Helferessen des HC Düdingen (die AHG-Group beteiligt sich an der Nachwuchsabteilung) in seiner Filiale in Tafers stattfand.

Seit 2016 sitzt Hubert Waeber im Verwaltungsrat des HC Freiburg-Gottéron. Er sei schon immer Fan gewesen, erzählt er. Und da ihn seine Frau sehr gerne sowohl an die Eishockeyspiele wie auch an Kulturanlässe begleite, seien die zwei, drei Abende pro Woche, die für Repräsentation und Networking draufgehen, auch innerfamiliär kein Thema.

Zum Sponsoring kommen verschiedene Engagements für die Autobranche: Seit zehn Jahren vertritt Waeber als Präsident des GM-Händlerverbandes die Anliegen der GM-Händler gegenüber dem Importeur. In der AGVS-Markenkommission kämpft er mit den Präsidenten der anderen Markenverbände um bessere Bedingungen für die Markenhändler. Als langjähriges VR-Mitglied in der ESA wiederum setzt er sich für gute Einkaufskonditionen in der ganzen Garagenbranche ein.

Nachfolge in der eigenen Familie
Probleme mit der Nachfolge waren einer der Gründe für das starke Wachstum von Hubert Waebers Unternehmen. Der Vater von drei erwachsenen Kindern ist mittlerweile 57 Jahre alt. Da ist es nur logisch, dass auch er an eine tragfähige Nachfolgeregelung denkt. Mit Sohn Jonas (25) und Neffe Damian (30) arbeiten zwei Waeber in leitenden Positionen in der AHG-Holding. «Das gibt Fiduz», sagt Hubert Waeber in seinem warmen Üechtländer-Dialekt. Fiduz – Vertrauen in eine erfolgreiche Zukunft als Garagist.
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