«Politiker verstehen viel zu wenig von Technik»

Interview

«Politiker verstehen viel zu wenig von Technik»

7. Oktober 2019 agvs-upsa.ch – CO2: -85 Prozent. Energie: -50 Prozent. Wasser: -40 Prozent. Als Chefin der Ems-Chemie setzt sich Magdalena Martullo-Blocher seit Jahren für mehr Umweltschutz ein. Warum sie staatliche Eingriffe für unnötig bis schädlich hält und was sie in der kommenden Legislatur in Bern erreichen will, erklärt die SVP-Nationalrätin im Interview.
 

sco. Frau Martullo, Entwicklungszyklen in der Industrie sind sehr lang. Sie forschen heute an Produkten für morgen und übermorgen. Womit verdient die Ems-Chemie im Jahr 2029 ihr Geld?
Magdalena Martullo-Blocher: Wir entwickeln weltweit und direkt mit den Autoherstellern und ihren Zulieferern neue Teile und Systemlösungen. Im Vordergrund steht für uns nach wie vor der Metallersatz, das heisst, wir ersetzen Metallteile mit leistungsfähigen Kunststoffen. Mit unseren Lösungen sparen die Autohersteller Geld bei der Fertigung. Zudem werden die Teile mit unseren Spezialkunststoffen viel leichter, im Durchschnitt wiegt das Kunststoffteil nur noch etwa halb so viel. Ein leichteres Fahrzeug braucht weniger Gewicht und hat deshalb auch einen tieferen CO2-Ausstoss. Gerade in Europa sehen sich Hersteller mit harten CO2-Vorgaben konfrontiert. Wir bieten dafür Lösungen an.

Die Automobilindustrie – und mit ihr die Ems-Chemie – zeichnet sich seit jeher durch eine grosse Innovationskraft aus. Ihre Polymerwerkstoffe als Beispiel sparen Gewicht, Treibstoff und CO2. Hand aufs Herz: Wäre die Industrie gleich innovativ ohne den permanenten Druck des Gesetzgebers? 
Ja, der Markt funktioniert, die Hersteller stehen unter hohem Konkurrenzdruck. Die Konsumenten wollen auch einen tieferen Treibstoffverbrauch, weil sie so Fahrkosten sparen. Wir hatten mit unserer Strategie auch schon Erfolg vor den staatlichen Vorgaben. Leider verstehen Politiker von den technischen Themen und von innovativen Chancen, aber auch von den praktischen Anwendungen einfach viel zu wenig. Es wird gefährlich, wenn sie meinen, Detailregelungen oder losgelöste Teilziele treffen zu müssen. Das sieht man gut bei den jetzigen Antrieben. Eigentlich wären die neuen Dieselantriebe am klimafreundlichsten. Aufgrund des Dieselskandals, an dem die Politik mit ihren Zulassungsbetrieben auch eine Verantwortung trägt, will man den Dieselantrieb aber nun «abstrafen». Weil das von den Politikern viel gelobte Elektromobil aber noch viele Mängel hat und in Europa oft mit Kohle- und Atomstrom betrieben werden muss, werden nun mehr Benzinfahrzeuge gekauft. Damit steigt der CO2-Anstieg aber! Die bisherigen Klimaschutz-Errungenschaften wurden nicht durch den Gesetzgeber erzielt, sondern durch innovative technische Entwicklungen der Unternehmen. Das Geld, das die links/grüne Politik dem Bürger aus der Tasche zieht, wird meist in marktuntaugliche Subventionen gesteckt oder umverteilt. Mit den 12 Rappen Benzinpreisverteuerung und weiteren Zuschlägen können sich bald nur noch Reiche Autofahrten leisten. Was ist aber mit den Randregionen, die vom öffentlichen Verkehr nicht so gut erschlossen sind? Was passiert dann mit unserem Tourismus in den Berggebieten?

Stichwort CO2. Ihre Partei SVP steht in der aktuellen Klimadebatte allein auf weiter Flur: Haben Sie den Zug verpasst?
Im Gegenteil: Im Unterschied zu Links/Grün setzen wir von der SVP auf Fortschritt und nicht auf Rückschritt. Wenn wir nicht auf unser modernes Leben verzichten wollen, müssen wir innovative technische Entwicklungen haben. Diese kommen aber nie vom Staat. Wir müssen tragfähige Lösungen entwickeln! Bei Ems beispielsweise wenden wir für Umwelt und Sicherheit jedes Jahr 15 Millionen Franken auf. Wir haben unseren CO2-Ausstoss um über 85 Prozent reduziert – damit liegen wir in der Schweiz an der Spitze –, seit 2001 haben wir den Wasserverbrauch um 40 Prozent und den Energieverbrauch dank Hunderten von Massnahmen und speziellen Energiejägern sogar um mehr als die Hälfte reduziert. In der Praxis laufen in der Schweiz bereits sehr viele Massnahmen überall.

Im Nationalrat haben SVP und FDP aktuell eine hauchdünne Mehrheit. Trotzdem wurde in Bern in der nun ablaufenden Legislatur nicht wirklich bürgerliche Politik betrieben. Was lief schief? 
Die hauchdünne Mehrheit erfordert enorme Geschlossenheit bei den Parteien. Leider hat die FDP bei vielen Regulierungen – zum Beispiel bei der Frauenquote oder bei Arbeitsmarktregulierungen – immer wieder Abweichler. Nun sind sie gar und ganz auf die links/grüne Schiene gewechselt und haben für die Benzinpreiserhöhungen gestimmt … Im privaten Verkehr kann man nur noch auf die SVP zählen. Wir sind noch die Einzigen, die auch zum Auto stehen und uns rigoros gegen Verteuerung und Regulierungen wehren!

Welches persönliche Fazit ziehen Sie nach vier Jahren als Nationalrätin für den Kanton Graubünden in Bern?
Ich habe in den letzten vier Jahren viel für die Schweiz und den Kanton Graubünden erreichen können. So wurde der EU-Rahmenvertrag (noch) nicht unterschrieben, welcher vorsieht, die Verkehrspolitik zukünftig an die EU zu übertragen. Bei den Freihandelsabkommen sind wir stark vorangekommen. Mit der Unternehmenssteuerreform behalten wir den Standort Schweiz für internationale Firmen attraktiv und sichern Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Viele neue Regulierungen für kleine und mittlere Betriebe konnten wir verhindern. Für meinen Kanton Graubünden haben wir Fortschritte im Bereich Tourismus erzielt und die Wasserzinsen sichern können. Unsere Landwirtschaft bleibt erhalten. Es gibt also viel Positives zu berichten. Die Herausforderungen sind aber gross. Ich bleibe dran!

Welche Ziele haben Sie für die kommende Legislatur? 
Am wichtigsten und am kritischsten für die Schweiz ist der EU-Rahmenvertrag, gegen den wir uns auch nach den Wahlen weiter wehren müssen. Die anderen Parteien warten leider nur die Wahlen ab und werden den Vertrag dann vorantreiben. Das haben sie auch immer wieder so gesagt. Leider ist die SVP die einzige Partei, die noch für die Volksrechte und die Demokratie kämpft. Wenn wir den Rahmenvertrag haben, müssen wir das EU-Recht übernehmen. Unser Stimmrecht wird wertlos. Das ist auch wirtschaftlich schlecht, weil wir dann viele Regulierungen und Kosten übernehmen müssen. Weiter wird es um Arbeitsplätze gehen. Mit Links/Grün wird das sehr schwierig. Deshalb braucht es uns erst recht!

Wieso sollen die Bündner Garagisten am 20. Oktober Ihnen die Stimme geben? 
Weil ich mich in Bern bewährt habe und mich auch mutig für sie einsetze. Für eine starke Schweiz und ein starkes Graubünden.

Lesen Sie das ausführliche Interview in der Oktober-Ausgabe von AUTOINSIDE.
 
 

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